Revidiertes Aktienrecht: Was Sie als Verwaltungsrat wissen müssen

Ein Mandat als VR-Mitglied oder VR-Präsident ist mit viel Verantwortung verbunden. Wir fassen zusammen, was sich durch das revidierte Aktienrecht ändert, das voraussichtlich 2023 in Kraft tritt.


Das revidierte Aktienrecht ergänzt und präzisiert bereits heute geltende Bestimmungen für den Verwaltungsrat. Neu gibt es unter anderem differenzierte Regelungen, je nachdem ob ein Unternehmen börsenkotiert ist oder nicht.

Wahl und Amtsdauer

Künftig werden VR-Mitglieder auch in nicht börsenkotierten Aktiengesellschaften durch die Generalversammlung grundsätzlich einzeln gewählt. In börsenkotierten Aktiengesellschaften ist dies schon der Fall, wenn die Statuten nichts anderes vorsehen. Die Amtsdauer in kotierten Gesellschaften beträgt ein Jahr, bei den nicht kotierten normalerweise drei Jahre. Für Letztere kann in den Statuten eine kürzere oder längere Amtszeit festgeschrieben werden.

Zusätzliche Pflichten

Die unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrats werden erweitert. Erstens betrifft dies die Pflicht, bei Überschuldung das Gericht zu benachrichtigen. Neu muss ein Gesuch um Nachlassstundung eingereicht werden. Börsenkotierte Gesellschaften müssen künftig ausserdem einen Vergütungsbericht erstellen. Zweitens ist der Verwaltungsrat in Zukunft verpflichtet, die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft zu überwachen. So muss er Sanierungsmassnahmen ergreifen, wenn die Gesellschaft zahlungsunfähig zu werden droht. Die Benachrichtigung des Richters bei Überschuldung kann künftig nur entfallen, wenn Rangrücktritte im Umfang der Überschuldung bestehen und die begründete Aussicht besteht, dass die Überschuldung innerhalb von 90 Tagen behoben werden kann. 

VR-Sitzungen und Geschäftsführung

VR-Sitzungen können künftig auch auf schriftlichem Weg, elektronisch oder virtuell durchgeführt werden, ausser wenn ein VR-Mitglied die mündliche Beratung verlangt. Ein Protokoll ist in jedem Fall zu erstellen. Die Geschäftsführung konnte bisher nur dann delegiert werden, wenn es eine entsprechende statutarische Bestimmung gab. Das revidierte Aktienrecht sieht eine Umkehrung dieses Prinzips vor: Die Geschäftsführung kann immer delegiert werden, ausser die Statuten sehen etwas anderes vor. Das bedeutet, dass künftig alle Gesellschaften in einem Organisationsreglement die entsprechenden Stellen, deren Aufgaben und die Art und Weise der Berichterstattung festhalten müssen. In börsenkotierten Gesellschaften kann die Geschäftsführung nur an natürliche Personen delegiert werden, für nicht börsenkotierte Gesellschaften ist die Geschäftsführung auch durch eine juristische Person möglich. 

Generalversammlung 

Die Bestimmungen über die Vorbereitung und Durchführung der GV wurden modernisiert, insbesondere was die Nutzung elektronischer Mittel angeht. So kann die GV neu an mehreren Orten gleichzeitig oder im Ausland stattfinden. Falls diese Optionen erwünscht sind, obliegt es dem Verwaltungsrat, die Statuten entsprechend anzupassen und an der GV verabschieden zu lassen. 

Weitere Neuerungen 

Neu müssen VR-Mitglieder und Geschäftsleitung unverzüglich und vollständig über etwaige Interessenkonflikte informieren. Auch die Rückerstattung von Leistungen wurde ausgebaut. Sie betrifft ausser Aktionären und VR-Mitgliedern nun auch die Geschäftsführung und Mitglieder des Beirats. Insbesondere wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein offensichtliches Missverhältnis besteht, müssen Leistungen zurückerstattet werden. Dies betrifft Dividenden, Tantiemen, andere Gewinnanteile, Vergütungen, Bauzinsen, gesetzliche Kapital- und Gewinnreserven sowie andere Leistungen.

Tipp


Anpassungen einleiten

VR-Mitglieder und VR-Präsident müssen schon vor dem Inkrafttreten des revidierten Aktienrechts aktiv werden. Wichtig ist in einem ersten Schritt, sich vertieft über alle neuen Regelungen zu informieren – beispielsweise auch was die Aktionärsrechte oder die Kapitalstrukturen betrifft. Sodann gilt es, die Statuten zu prüfen und nötigenfalls anzupassen. Auch die Anpassung oder Neuerstellung der Reglemente, insbesondere des Organisationsreglements, ist sinnvoll. Die Übergangsfrist zur Anpassung von Statuten und Reglementen beträgt zwei Jahre. Wichtig ist auch, dass der VR zur geforderten Überwachung der Zahlungsfähigkeit ein entsprechendes Instrument implementiert.